04 / 2020

Win-Win Situation für mischgenutzte Quartiere

Win-Win Situation für mischgenutzte Quartiere

Vor ein paar Tagen las ich in den sozialen Medien einen Beitrag mit der provokanten Frage: „Wer führt die digitale Transformation Ihres Unternehmens an: CEO, CTO oder COVID-19?“ Zweifelsohne beschleunigt die Pandemie einige Entwicklungen, die sich bereits vor der Corona-Krise abzeichneten. Das gilt nicht nur für die Digitalisierung, sondern auch für die Immobilienbranche.
Noch vor etwa einem halben Jahr diskutierte ich mit Experten auf der Konferenz „Assetklasse Quartier“ im Euroforum in Frankfurt die Frage: Zeitgeist oder Zeitenwende? – Kommt der große Mixed-Use Durchbruch in den Metropolen? Diese Fragestellung scheint vor dem aktuellen Hintergrund völlig veraltet. Nun stellt sich nicht mehr die Frage ob, sondern warum sich Quartiere durch die Corona-Krise als Assetklasse durchsetzen werden.

"Ein Quartier, genauer genommen ein zukunftsweisendes Mischquartier, umfasst die Gesamtheit von Einzelobjekten mit verschiedenen, synergetischen Nutzungen, die eine soziale und funktionale Mischung sowie eine ausgewogene Nachverdichtung und erlebbare räumliche Qualität erzeugen." (Michael Ehret)

Derartige mischgenutzte, zukunftsweisende Quartiere entwickelt und realisiert ehret+klein seit seiner Gründung im Jahr 2006. Zu unseren bisher fertig gestellten Quartieren gehören unter anderem die Innenstadtsanierung Tutzing und die Ortsteilentwicklung Maisach.
Erfahrungsgemäß setzen wir bei der Auswahl der synergetischen Nutzungen auf einen ausgewogenen Mix folgender Segmente: Wohnen, Gewerbe und Handel. Sie sind wesentliche Bestandteile eines Quartiers und sollen näher betrachten werden, um die Frage zu beantworten, warum das Quartier an Attraktivität gewinnen wird.
Aktuell sind diese Segmente unterschiedlich stark von der Corona-Krise betroffen. Konkret kann keiner sagen, wie sich der Markt verändern wird, es lassen sich lediglich Tendenzen und mögliche Entwicklungen ableiten:

Wohnungen beliebteste Assetklasse
Wohnen ist und bleibt auch in der Krise ein nachgefragtes Gut. Kurzfristig werden die Mieten weder steigen noch in den Keller rauschen. Teilweise werden die Mieten aber Rückgänge erleben oder stagnieren. Dies könnte einer wohltuenden Abkühlung der preislichen Überhitzung auf dem Wohnungsmarkt gleichkommen – und Spekulanten vertreiben.  Langfristig erwarten wir eine Erholung und steigende Nachfrage des Segments Wohnen – vor allem in Deutschland. Dafür sprechen das im Vergleich zu anderen Ländern gut ausgestattete Gesundheitssystem und die dank einer sozialen Marktwirtschaft existierenden Instrumente wie die Kurzarbeit. Dies könnte Zuwanderungsströme nach Deutschland und die Nachfrage nach Wohnraum in Städten und Metropolregionen langfristig begünstigen. Bei der Wahl des Wohnorts könnten die Mieter zukünftig Kriterien, wie Sicherheit, Solidarität und Nahversorgung, stärker berücksichtigen. Quartiere mit smarten Kommunikationsdiensten, die Nachbarschaftshilfen ermöglichen, und mit entsprechenden Nahversorgungsangeboten, lägen bei der Wahl eines Wohnorts ganz vorne.

Einzelhandel: Lebensmittelmärkte wichtiger denn je
Entwicklungen für den Einzelhandel sind wiederum zu differenzieren. Hier gilt die Faustregel „Food gewinnt und Non-Food verliert“. Interessanterweise wirkt die Corona-Krise auch hier wie ein Beschleuniger für bereits schwächelnde Märkte. Dazu zählt beispielsweise der nur auf stationäre Ware ausgelegte Fashion-Einzelhandel. Bereits vor der Krise überzeugten Einzelhändler, die ihr stationäres Angebot um Onlineshopping ergänzten.
Klare Gewinner sind definitiv Lebensmittelmärkte. Für Vermieter werden sie willkommene Pächter in Quartieren sein. Ebenso werden sich Lebensmittelhändler auch zukünftig bevorzugt in einkaufsstarken Gebieten, wie beispielsweise Quartiere, ansiedeln. Dies bietet für Nutzer den Vorteil: Kurze Wege von der Wohnung ins Geschäft oder ins Restaurant.

Zukunft der Büros als renditestarkes Asset ungewiss
Hier sind die Entwicklungen schwieriger einschätzbar. Vor der Krise zeigte sich eine hohe Nachfrage nach Büroeinheiten – und somit eine beliebte, renditestarke Assetklasse für Investoren, die durch eine bevorstehende Rezession allerdings abgeschwächt werden könnte.
Es gibt Überlegungen, wonach das Büro – begünstigt durch Home-Office und Home-Schooling – einerseits in das Segment Wohnen verlagert werden könnte. Andererseits könnten Arbeitnehmer die Distanz von Wohn- und Arbeitsort aber auch zu schätzen gelernt haben, sodass Arbeitsplätze in der Nähe, beispielweise durch Co-Working-Spaces oder Pendler-Offices, eine attraktive Alternative sein könnten. Diese zukunftsweisenden Arbeitsformen sind bereits jetzt fester Bestandteil von innovativen Quartieren, wie wir sie unter anderem im Quartier „Urbanen Leben am Papierbach“ in Landsberg am Lech integrieren.

Optimaler Mix für Nutzer und Investoren
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass obwohl die einzelnen Segmente unterschiedlich stark betroffen sind, sie in ihrer Gesamtheit als Quartier Vorteile für Nutzer und Investoren bieten. Basierend auf einem ausgewogenen Mix aus Wohnen, Handel und Gewerbe erzeugen sie eine hohe Aufenthalts- und Lebensqualität für die Nutzer und dadurch ein überzeugendes Argument für Investitionsentscheidungen.
Für Investoren bleibt der Immobilienmarkt eine hochinteressante Anlagemöglichkeit. Quartiere werden aufgrund ihrer Risikodiversifizierung an Bedeutung gewinnen. So gibt es risikoreichere und renditestärkere Segmente und gleichzeitig sichere und renditesolide Segmente, wodurch sich das Portfolio insgesamt ausgleicht. Für Nutzer gehen wir von einem höheren Bedürfnis nach Sicherheit aus. Dieses Bedürfnis kann ein Quartier am besten stillen, weil es durch das breite Angebot und kurzen Wege alles bietet, was es zu einem guten Leben benötigt.

Und so liegt es an uns Projekt- und Quartiersentwicklern, die durch die Krise einhergehenden Chancen aktiv und gemeinsam mit Planungsbehörden, Investoren, Eigentümern, aktuellen und zukünftigen Nutzern wahrzunehmen. Hier setzt e+k ganz klar auf mischgenutzte, nachhaltige Quartiere für eine Stadtentwicklung, die für Nutzer und Kapitalgeber gleichermaßen lohnenswert sind: don’t waste this crisis!

Ihr Michael Ehret

 

Die zukünftige Rolle von Quartieren wird auch Diskussionsthema im kostenlosen Webinar mit Stadtbaurätin Prof. Dr. (I) Elisabeth Merk der Landeshauptstadt München am 26.05.2020 von 11-12 Uhr.

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